Sonntag, 8. Februar 2015

Mal wieder bisschen was grundsätzliches

Heute Morgen war im WDR eine anderthalbstündige Talkshow über die Zukunft und Gegenwart der Landwirtschaft, in der auch mein ehemaliger Chef Tobi Hartkemeyer saß, und ich habe mal wieder feststellen müssen, dass es unglaublich schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, eine solche Diskussion sachlich und vor allem sinnvoll zu führen.

Vielleicht ist ein Teil des Problems, dass es keine sachliche Diskussion mit richtigen und falschen Standpunkten ist.
Dann kann man auch nicht sachlich drüber reden.

Was ich Mal für Mal interessant finde, ist die Macht der Bilder.
Ich habe den Vorstellungsclip des Landwirtspärchens nicht gesehen, aber gehe davon aus, dass er wesentlich nüchterner war als der von Tobi.
Alleine dass in der eingeblendeten Zeile mit dem Namen stand "Betreibt mit seiner Frau eine Massentierhaltung" (o.ä.) hat ja schon mal für klare Rollenverteilungen und zugewiesene schwarze Peter gesorgt.

Meine erste Reaktion bei solchen klaren Eckenzuweisungen ist "jetzt seid doch mal sachlich!", aber wenn man ehrlich ist, dann sind solche Bilder sachlich.
Den Schweinen in den Mastanstalten mag es nicht so schlecht gehen wie es oft dargestellt wird, aber bunt ist es da nicht.
(Außer die Spalten in den Flat Decks vielleicht, die habe ich schon in grün, orange und rot gesehen)
Es wird immer viel gesprochen, solche Gespräche sind aber in den seltensten Fällen wirklich zielführend, weil jedes einzelne Mal wieder bei Adam und Eva begonnen wird.
Sicher, es sind nicht die Gespräche bei denen die Landwirtschaft verändert wird, die da im Fernsehen geführt werden, nicht direkt jedenfalls, aber es sind die Gespräche, aus denen sich viele Leute ihr Bild von der Landwirtschaft ziehen.

Ein Punkt den die Henkes gemacht haben und den ich auch mantramäßig versuche an den Mann (respektive die Frau) zu bringen ist, dass die Tiere es nicht anders kennen.
Das rechtfertigt nichts, macht nichts besser oder sogar gut, es macht die Dinge höchstens "okayer".
Ein Schwein, dass sein Leben in engen und überfüllten Buchten (ja, vorschriftsgemäß und tierschutzgerecht ausreichend Platz, aber come on, kein Mensch wird behaupten wollen, dass die Buchten nicht zu eng und die Partien zu groß sind, als dass es "wesensgemäß" wäre) verbracht hat, philosophiert auch nur eine Sekunde darüber, wie es wohl wäre im Dreck zu wühlen.
Liebe Tierschützer: Ja, sie haben alle den Instinkt und Drang es zu tun und sie wühlen auch ihre Scheiße regelmäßig auf links und wieder zurück (was sie draußen nie-niemals machen würden), aber der Punkt, dass das einzelne Tier psychisch unter dem Gedanken leidet, dass ihm ein schönes Leben vorenthalten wird, ist zu vernachlässigen.

Ein weiterer falscher Ansatz, der bei den regelmäßigen Diskussionen Mal für Mal wieder angeschnitten wird ist, dass irgendwer seine Tiere mit Absicht quält.
Es ist kein schönes Leben, das konventionelle Schweine haben und es ist m.M.n. auch kein Tierwürdiges, aber ihnen wird nicht mit Absicht Leid beigefügt.
Die Schlimmen Dinge die passieren, passieren (denke ich) hauptsächlich aus Abstumpfung und Ignoranz heraus und "weil man es immer so gemacht hat"/"man es so macht", aber keiner steht morgens auf um seine Tiere zu quälen.
(Die Leute wollen ja damit Geld verdienen und kranke Tiere wachsen nicht und geben keine Mil....blablabla, man weiß es inzwischen).

Ich merke, dass ich mich auch bisschen mit den Grundlagen aufhalte und versuche mal zu meinen Punkten zu kommen.
Zuallererst mal wieder ein Exkurs; dieser Artikel sollte bitte gelesen werden.

Mein persönlicher Ansatz, warum Bio jetzt besser ist als konventionelle Landwirtschaft, ist, dass ich den Balanceakt an der Grenze des Möglichen persönlich ablehne.
Es gibt viele Menschen die ich sehr gerne mag, die es genau als Herausforderung sehen, aber mir würde an dem Punkt die Freude an der Sache flöten gehen.
Was ich meine ist, dass in der Landwirtschaft, genau wie in der Industrie, versucht wird das menschenmögliche auszureizen.
Ich schaue mir gerne Sport an, aber den Sportlern unterstelle ich so viel Verstand, dass ich davon ausgehe, dass die Tortur des Weges zur Spitze eine freie Entscheidung war.
Landwirte müssen in ihrer Arbeit ihre Tiere und Flächen zur Leistungsgrenze treiben.
Zum einen verlangt der Markt das so, aber zum anderen hinterfragen die meisten Landwirte das Muster nicht - "weil man es so macht" - und es ist ja auch ein kleines bisschen der Wettbewerbsgedanke mit dem Nachbarn der da noch reinspielt...

Milchkühe laufen so lange sie können einen Marathon im Sprint, Legehennen das selbe nur nochmal bisschen schlimmer. Wobei; vielleicht nicht: Hennen legen nach 20 Wochen voll, das sind fünf Monate und legen dann nochmal so etwa 12, sagen wir 14 Monate lang Eier, das heißt, dass die produktive Phase vielleicht ein bisschen mehr als doppelt so lange ist wie die des Aufwachsens.
Bei Kühen will man, dass sie nach zwei Jahren Milch geben und eine Remontierungsrate von unter 30%, was heißt, dass jedes Jahr weniger als 30% der Kühe ausgetauscht wird.
Ergo, nach 3,3 Jahren in Milch ist die Kuh wieder weg vom Fenster (ich glaube das stimmt so, wer es besser weiß bitte melden).
Also ist die produktive Zeit nur bisschen mehr als anderthalb Mal die Aufwachszeit (und 24 Monate Erstkalbealter ist schon hart finde ich)

Konventionelle Kühe geben so 10.000kg Milch im Jahr und Kühe mit 100.000 Litern sind schon seit Jahrzehnten immer der Renner in der Bauernzeitschrift, inzwischen gibt es auch eine Kuh mit über 200.000 gemolkenen Kilos Milch.
Worauf ich hinaus will: Kühe haben eine Karriere wie Profifußballer, Debüt mit 20, Karriereende mit 37. Es werden Rationen berechnet, in denen der Erhaltungsbedarf ein Faktor ist der fest steht, dann wird ausgerechnet, wie man das Futter zusammenstellen muss, damit jeder Nährstoff zum einen für eine Höchstleistung ausreichend zur Verfügung steht, und zum anderen nicht verschütt geht weil ein anderer Nährstoff nicht ausreichend vorhanden ist.
Der Faktor Tierwohl ist, wenn überhaupt, eher so gezwungenermaßen mit drin: Eine reine Silageportion stimuliert den Rauhfutterfresser Rind nicht zum Wiederkäuen, was für die unglaubliche Verdauungs- und Umwandlungsleistung essentiell ist, deswegen bekommen die Tiere etwas Stroh ins Futter gemischt, welches "piekst" und dadurch das Wiederkäuen anregt.
So gibt es zu jeder Tierart alter- und lebensphasenspezifische Listen, in denen man gucken kann, was die Tiere in dem Moment idealerweise brauchen. Also von der Ernährungsseite her.

Nochmal ein Einschub mit Bezug auf die Talkshow; der "Pottkoch" Tom Waschat hat was gesagt, das ich ziemlich gut finde "zuallererst ist eine Möhre mal eine Möhre und ein Stück Fleisch ein Stück Fleisch. Egal ob jetzt Bio oder konventionell" und das wollte ich dem weiteren Erguss über richtig und falsch mal noch voranstellen: ich bin kein Gegner der konventionellen Landwirtschaft.
Ich habe konventionelle Milch- und Fleischerzeuger kennengelernt und mir angeschaut was sie so machen und mir ist nichts kriminelles begegnet.
Bei Geflügel habe ich keine Ahnung, da weiß ich nur das was jeder weiß und ich versuche es zu vermeiden, aber ich weiß wie es z.B. in den Schweineställen aussieht und das ist für mich kein Grund die konventionelle Schweinemast zu verdammen.
Ich hoffe es kommt raus was ich meine.
Ich boykottiere Mc Donald's nicht, das meine ich.

Also ja, das Ausreizen des durch die Natur bereitgestellten Potenzials mag ich nicht und ich mag noch nicht, dass ich das Substrattomaten-Prinzip im Grunde beliebig übertragen kann.
Ich finde ein Boden, dem alles in Form von konzentrierten Nährstoffen zugegeben wird, damit da auch möglichst optimal versorgte Pflanzen drauf wachsen können, einen toten Boden.
Es ist legitim es so zu machen und nochmal gesagt, ich kaufe es ja auch, aber es ist in meinen Augen eine Farce.
Eine Kuh, die mit Getreide aus Holstein und Brandenburg und Eiweißergänzern aus Südamerika gefüttert wird, die Silage bekommt aus Mais, der mit Schweinegülle aus Vechta und Kunstdüngern aus Ludwigshafen gedüngt wurde und Grassilage, die die selbe Behandlung bekam gibt keine Milch aus der Eifel finde ich. Und lass die Schweinegülle in der Eifel dann meinetwegen aus Belgien oder Holland kommen, was näher ist als Vechta und den Bauern seine eigene Gülle natürlich auch auf den eigenen Flächen ausbringen, aber das macht meiner Meinung nach den Braten nicht fett.
Ich weiß nicht was daran dann noch groß regional ist.
Sicher, das Wetter und die Bodeneigenschaften, auf die ja auch wir Biobauern so stolz sind und die Bauernfamilie die seit Jahrhunderten dort sitzt, aber ist es am Ende des Tages nicht dasselbe wie ein mit Nährstoffen versetztes Trägersubstrat?
Für mich ist es auf jeden Fall ähnlich.
(Bioflächen wandeln natürlich ihre Nährstoffe wunderbar aus organischen Materialien und Dünger selbst um und liefern den Pflanzen Dinge die so rein sind wie doppelt-milchgefilterter Wodka und so beseelt wie die Seele selbst.)
Wieder: wenn ich hier in Kiel Brot kaufe, dann bin ich meistens zu faul und geizig um zum Bio-Bäcker zu gehen, aber ich gehe nicht davon aus, dass ich von der Skyeigenen "Landbäckerei" Brot aus sonnengereiftem Getreide aus Kiel-Kronshagen bekomme, das so holsteinisch ist wie die Flagge (die übrigens aussieht wie die holländische).

Wenn ich so über die Landwirtschaft schreibe, dann fühle ich mich, obwohl ich mir nicht mal sicher bin, ob ich den Text jetzt posten will oder nicht, schon als Nestbeschmutzer.
Weil es lässt ein bisschen außen vor, dass bäuerliche Landwirtschaft immer mit viel Arbeit und Risiko verbunden ist und jede Spielform ihre Daseinsberechtigung hat. Man sollte halt nur wissen, was man will und was man bekommt.
Wenn man bei Willi umme Ecke Pommes kauft, hat man auch andere Erwartungen, als wenn man sich selbst Kartoffelecken in den Backofen schiebt.

Was ich interessant finde ist, dass sich jetzt von der Bauernseite her Widerstand regt: ich war an der Uni in einem Vortrag über die Medienarbeit des Bauernverbandes S-H, die auf jeden Fall noch heftig in den Kinderschuhen steckt, aber anläuft.
Sowas zum Beispiel, im Moment ist das noch verwackelt und handgemacht, aber das wird sich noch ändern.

Zusätzlich habe ich bei der dlz ein Stück Text gefunden, in dem es darum geht, wie mit Tierhaltungsgegnern umzuspringen ist und das Tips liefert die helfen sollen den "Gegner" zu besiegen.
Mit hervorragend ausgearbeiteten Antworten zu häufig vorgetragenen Vorwürfen; zum Beispiel aus der Reihe der Vorwürfe in denen Fleischesser "verunglimpft und beleidigt" werden:
Die Behauptung: "Wer Fleisch isst, ist unmoralisch."
Was genau ist gemeint? Wer Fleisch iss, nimmt damit automatisch die Tötung von Tieren in Kauf und überwiegend auch deren Haltung als Nutztiere. Das ist nicht vereinbar mit der modernen menschlichen Moral.
Wie argumentiere ich? Auf Klarheit drängen - was ist überhaupt unmoralisch? Moral kommt nämlich von lateinisch mos, und das bedeutet Sitte und Gebrauch. Bitten Sie um Erklärung, wie genau das gemeint ist und warum genau Fleischkonsum als nicht moralisch empfunden wird. Und vor allem fragen Sie nach, wer überhaupt bestimmt, was moralisch ist und was nicht.

Ich habe viel Respekt vor solcherlei Diskussionen und auch noch kein Patentrezept gefunden, das man so weiter geben könnte, aber das ist auf jeden Fall der falsche Ansatz.
Leute die davon ausgehen, dass sie schlauer und zivilisierter sind als man selbst mit geliehenen Argumenten auszustechen - das gibt nichts.
Und in dem Artikel gibt es einen ganzen Haufen solcher Dinge, die alles noch viel schlimmer machen.
So kann man sich zum Beispiel bei den Behauptungen "Fleischesser sind Mörder", "Nutztierhaltung ist Tierquälerei", "Tiere denken, fühlen und empfinden genau wie wir Menschen" usw.
Insgesamt kann hat man sich fünfzehn Mal Hilfe holen.

Mal wieder schön abgeschwoffen, aber warum nicht.
Es ist ja Sonntag und ich sollte für Klausuren lernen, da kann man gerne ein paar Stunden dafür aufwenden einen Text ohne effektiven Nennwert zu schreiben..


















Finde ich interessant

Warum wirbt McD's jetzt seit einiger Zeit damit, dass sie deutsches Fleisch vom Simmentaler Rind verwenden? Seit wann ist Angus nicht mehr cool?
Als Bauer denke ich "so what"? Die Simmentaler (Oder auch weniger urig "Fleckvieh" genannt) erleben gerade die erste groß angelegte Marketingkampagne für eine Rinderrasse in Deutschland im 21. Jahrhundert.
Für ein zwei Wochen altes schwarzbuntes Holstein-Kalb bekommt man in Holstein selbst noch knapp 30 Euro vom Viehhändler. Die Rasse sind Milchmaschinen, aber Hungerhaken.
Die Simmentaler-Leute haben bis vor so fünf Jahren oder so mit roten Holsteins eingekreuzt, bis sie auf einmal gemerkt haben, dass sie dadurch ja rote Holsteins bekommen und deswegen dann keine Kohle für die Kälber.
Also haben sie sich zurückbesonnen und allen Leuten erzählt, dass es ganz toll ist Simmentaler zu halten und weil man dank des Heterosiseffektes bei der Kreuzung zwischen zwei Rassen in der F1-Generationen Wunderhybriden erhält, bekommt man auch mehr Geld für die Kälber.

Mc Donald's hat das schön für alle verständlich in einem Clip erklärt:
Ich glaube es ist eine ziemliche Win-Win für beide Parteien.
Ich hoffe nur, dass Mäcces die alten Kühe in die Burger macht und nicht nur einfach Simmentaler-Jungbullen, weil dann hätten sie vergessen zu erwähnen, dass die nicht bei kleinen Betrieben in Bergdörfern gemästet werden...

Ich finde aber die ganze Aktion inklusive der Marketing- und Lobby-Arbeit des Zuchtverbandes sehr interessant..
Übrigens eine neunsprachige Website wenn man möchte: http://www.zuchtverband-miesbach.com/

Dienstag, 13. Januar 2015

...Landwirt zu sein

Das Schöne daran Landwirt zu sein (oder als gelernter Landwirt im temporären studentischen Exil) ist, dass man auf Fotos von der Arbeit schauen kann und denkt "ach schön".
Dann schaut man länger hin und bemerkt, dass man im Laufe der Zeit an jedem Zaun, jedem Feldrand, jedem Gehölz und jedem Baum mal entlanggegangen oder -gefahren ist und es kennt.
Mal ein krasser, romantischer, aber umso schönerer Gegensatz zum Studium, wo anorganische Chemie nur die Vorhölle der organischen Chemie zu sein scheint..

Mittwoch, 23. April 2014

Kennen was man kritisiert


„Man muss kennen, was man kritisieren will“, sagt man.

Nachdem ich im Rahmen der Ausbildung den „Rinderkurs“ auf einem Versuchsbetrieb in NRW gemacht habe, war ich jetzt auf dem „Schweinekurs“ an einem Versuchsstall in der Nähe von Oldenburg.

Als jemand, der auf einem Demeter-Milchviehbetrieb aufgewachsen ist, und jetzt auf meinem aktuellen Ausbildungsbetrieb mit Freilandschweinen arbeite, sind die konventionellen Bedingungen der Tierhaltung eine andere Welt.

Trotzdem bereue ich es ein bisschen, kein Ausbildungsjahr auf einem konventionellen Betrieb gemacht zu haben. Vor zwei Jahren habe ich mal auf einem Lehrlingstreffen der Freien Ausbildung einen Gesellen getroffen, der selbst von einem Demeter-Betrieb kommt, aber einen Teil seiner Ausbildung auf einem konventionellen Schweinemastbetrieb gemacht hat. Er hat gemeint, es sei eine gute Sache gewesen mal die andere Welt kennen zu lernen. Blöderweise habe ich die Aussage bis gerade eben irgendwo weit hinten in meinem Kopf abgespeichert und nicht dran gedacht.

Wenn ich mir von wem sagen lasse, dass es die Schweine zuhause nicht so schön haben wie die auf Pente, stimme ich zu. Die Ausrede „Schlimmer geht immer“ vermeidend, würde ich auch sagen, dass man sich nochmal Gedanken machen könnte, was da zu verbessern ist, bevor man mit dem Finger auf „die Anderen“ zeigt. Die Anderen machen es aber doch wirklich nicht so besonders schön.

Die Schweine mit unseren zu vergleichen, ist ein Witz.

Wir haben Sauen vorgeführt bekommen, deren Rasse wir bestimmen sollten und deren Gewicht wir zu schätzen versuchten und wenn ich mir mit den Sauen vor Augen unseren Penteraner Gedanken, dass Mercedes, unsere älteste Sau, schlecht zu Fuß ist in Erinnerung rufe, war das jammern auf hohem Niveau.

Im Herbst habe ich mir Ferkel angeschaut, die wir ein paar Monate vorher an einen befreundeten Demeter-Betrieb verkauft haben und schon da einen ziemlichen Unterschied bezüglich des Wuchses feststellen können. Diese Ferkel waren im Gegensatz zu unseren ziemlich schwabbelig. Zum Teil auf andere Fütterung zurückzuführen, zum großen Teil aber auf den Umstand, dass unsere den ganzen Tag in der Erde wühlen.

Die Schweine hier sind nochmal schwabbeliger.

Eine konventionelle Argumentation für das Enthornen von Kälbern ist die hohe Verletzungsgefahr durch Hörner – stimmt. Demeter-Kühe haben oft Striemen von Hornkratzern.

Die Schweine hier sind aber weit zerstörter jede Kuh aus einer behornten Herde die ich je gesehen habe. Voller Kratzer und aber auch vor allem voller Scheiße. Wenn man bedenkt, dass unsere Schweine auf Pente Toilettenecken anlegen und diese abgesehen vom Stuhlgang meiden, ist es schon ziemlich schlimm, ein Schwein in seiner eigenen Scheiße liegen zu sehen.

Eine andere Aussage, beim zusammensuchen von möglichen Zuchtzielen, war, folgend auf den Vorschlag „Fleischqualität“: „Qualität bekommst du nicht bezahlt“ – und so ist das.

Die normalen Mäster haben garkein Interesse daran besondere Qualität zu erzeugen, sie sind mit ihrem Produkt überhaupt nicht konfrontiert, sie verkaufen die ausgemästeten Schweine und bekommen den tagesaktuellen Marktpreis. Das wars. Direktvermarkter definieren sich über die Qualität die sie erzeugen. Und geben an, wenn sie besonders tolles Fleisch haben.

Der Vater eines Mitlehrlings wollte zusammen mit einem befreundeten konventionellen Schweinemäster Ferkel von uns kaufen, um sie vernünftig zu mästen und dann was zum selber essen zu haben – die Mäster selber wissen nur zu gut was für eine Qualität, oder Nichtqualität sie produzieren.

Für mich ist das konfrontiert werden mit solchen Zuständen, ein Anreiz ganz normal Landwirtschaft zu studieren. Ein Gedanke für mich war, dass ich im Anschluss an meine Gesellenprüfung im Sommer, in Witzenhausen ökologische Landwirtschaft studiere, die Witzenhäuser werden aber außerhalb der Szene nicht wirklich ernst genommen und als Freaks abgestempelt.

Wenn man was im etwas größeren Rahmen verändern will, muss man vom „Feind“ lernen und ihn dann mit seinen eigenen Waffen schlagen denke ich.

Ich weiß noch nicht ob sich die Idee mit dem Agrarstudium einnistet oder nicht, aber ich werde mit ihr arbeiten.

 

Freitag, 21. März 2014

Rhythmus ersetzt Kraft

Als Landwirt kommt man immer wieder in die Situation, dass man von außen damit konfrontiert wird, wie hart die eigene tägliche Arbeit doch sei.
Das erste Mal, dass mir das aufgefallen ist, war, als ich mit 18 Besuch von einer Bekannten hatte, die mir eigentlich körperlich fit erschien, der ein Vormittag mitlaufen und mithelfen zuhause bei mir aber schon ziemlich anstrengend schien.
Seitdem habe ich irgendwie immer im Hinterkopf eine "wirklich schwere Arbeit" zu verrichten wenn ich in der Landwirtschaft tätig bin.

Es ist aber eine komische Sache.
Ich kenne einige Mädchen, die den Job mindestens genauso gut machen wie ich, also grenzwertig Schwer im rein physischen Sinne kann es nicht sein.
Zu Mädchen in der Landwirtschaft werde ich irgendwann wohl nochmal einen eigenen Post verfassen, weil das ein Thema ist über das ich auch schon ein bisschen nachgedacht habe.

Aber um beim wirklichen Thema zu bleiben: für mich ist es "anstrengender" (Im Sinne von "erschöpft-sein-danach") ein paar Stunden hier auf Pente im Garten auszuhelfen, als "unsere" schweißtreibensten Arbeiten wie zum Beispiel Hackrahmen mit Geräten ausstatten, Heuballen schleppen, (zuhause) einstreuen, Holz spalten oder sowas zu machen.
Der Schluss, zu dem ich gekommen bin, war, dass Steiner in einem seiner vielen Zitate Recht hatte: Rhythmus ersetzt Kraft".

In explanation: Wenn ich klassisch-langweilig in "meinem Metier", der Landwirtschaft unterwegs bin und die Aufgaben des Vor- oder Nachmittages kenne, dann kann ich mich von meinem Tempo her schon vom ersten Handgriff an auf den letzten einstellen.
Wenn ich nicht den dauernden Stress habe "was kommt jetzt" oder "was war jetzt noch auf der Liste", kann ich ein Tempo für die Arbeiten finden, das mich nicht auslaugt, mir aber genügend Puffer verschafft, um auch wirklich alle Dinge abhaken zu können.
Dazu gehört auch, unrealistische Dinge zu erkennen, und, als unrealistisch erkannt, nicht noch in den Zeitplan reindrücken zu wollen.

Für mich sind Hunger und das Überprüfen der Uhrzeit (meistens hungerbedingt) Indikatoren dafür, dass der Rhythmus nicht stimmt.
Ich schieße mich jetzt gerade sehr auf den Rhythmus ein, aber benutze das Wort schon lange zum Beschreiben für das Geheimnis für ein unangestrengtes Arbeiten, habe es aber erst jetzt im Februar auf dem Februarkurs in Bad Vilbel in dem Steinerzitat wiedererkannt.

Zuhause war ich gewohnt, ohne Frühstück über zweieinhalb Stunden im Melkstand und Stall zu stehen, Kühe zu treiben, zu melken, Traktor zu fahren und zu gabeln, ohne dass es wirklich an die Substanz gegangen wäre.
Nachmittags das Selbe: ab halb Fünf Stallroutine.
Nach einigen Monaten hier auf Pente habe ich mich mit einer Freundin über das Thema unterhalten und gemeint, dass hier die Mahlzeiten so weit auseinander lägen, sie hat nachgerechnet und mir vorgerechnet, dass mein Penter Nachmittag länger sei als der Bornwieser - allerdings waren zuhause die letzten zweieinhalb bis drei Stunden wirklich so eine Routine, dass jeder Handgriff hundertfach erprobt war und instinktiv gemacht wurde.
So wie der Morgenstalldienst, von dem ich oft im Scherz sage, dass ich ihn zwar gemacht habe aber erst zum Frühstück wirklich aufgewacht wäre, waren die Abendstalldienste ab dem bewussten "Ich-gehe-jetzt-in-den-Stall" automatisch.
Inklusive konzentriertem Vormelken, ausweichen bei schlagenden Kuhschwänzen und Reaktionen auf tretende Kühe.

Bevor ich für mich jetzt beschlossen habe, dass der Rhythmus und das "sich einstellen" auf die Arbeiten der  Knackpunkt sind, habe ich immer von der "Logik des Hofes" gesprochen.
Ich habe in den letzten Jahren schon so viel hier geschrieben, der Begriff wird bestimmt irgendwo aufgetaucht sein.
Die Logik der Höfe ist, dass man weiß, wenn Problem X auftritt, findet man die Lösung an Platz Y.
Man "weiß wie der Hase Läuft".

Alle Freunde aus der Lehre, die den Hof gewechselt haben, und eigene Beobachtungen haben mich in diesem Erklärungsversuch bestätigt: man muss sich erstmal einen Überblick verschaffen, bevor man sich sicher fühlt. Das mit dem Steinerzitat und das, worum es in diesem ausführlichen Text geht ist nur die Speciel Extended Version der ganzen Geschichte, der Schritt von dem Punkt, dass man die Arbeit durchschaut (dem Erkennen der "Logik des Hofes") zu dem Punkt, an dem man die Arbeit wird und erst wieder aufwacht, wenn es Mittagessen oder Feierabend gibt - ohne dass es der Arbeit einen Abbruch tut (im Gegenteil, glaube ich).

Additionsstrich:
Ein entspanntes Arbeiten ist, wenn man den Halbtag nicht als aneinandergereihte Arbeiten/Aufgaben sieht, sondern als ein Ganzes, das aus diversen Arbeiten besteht, die man so sehr verinnerlicht hat, dass man den "entspanntesten" Weg durch sie hindurch blindlings finden kann. Dazu gehört natürlich auch Aufmerksamkeit und, bei mir als mein Hobby und "Mindjogging", der ständige Versuch die Dinge noch runder/effektiver zu gestalten.
Wegträumen und sich ablenken (durch Musik über Kopfhörer z.B.) ist erlaubt, wenn es die Zeit totschlägt (stressmindernd, beim grubbern, eggen, walzen, wenn man viel Erfahrung auf dem Traktor hat auch miststreuen und  Heu wenden) und nicht bei Arbeiten geschieht die Aufmerksamkeit erfordern (Kreiseleggen - Steine, schwere Dinge auf dem Frontlader - Kippgefahr, Überfahren des Hofes - herumrennende Blagen), da ist es anspannender entspannende Musik zu hören und sich darüberhinaus noch zu konzentrieren als sich schlicht und ergreifend nur zu konzentrieren.

Entspanntes und unangestrengtes Arbeiten ist entspannt zu sein.

Dienstag, 31. Dezember 2013

Ponyhofreitponies sind die letzten Tanzbären des 21. Jahrhunderts.
Mit einem Klos im Hals, Ingmar

Freitag, 1. November 2013

"Nachruf"

Die Momente, in denen ich Probleme mit dem System in der Landwirtschaft bekomme sind eigentlich eher selten, aber heute ist so einer.
Die älteste Kuh aus der Herde meiner Eltern, Alma, wurde zum schlachten abgeholt.
Im Februar wäre sie 18 Jahre alt geworden, war seit bestimmt 15 Jahren Teil der Herde und kein unbedeutender.
Einer der Gründe, das sie trotz geringer Milchleistung immer noch dabei war, war dass sie der Kopf der Herde war und seit Jahren für Ruhe und Ordnung gesorgt hat.
Es gab zwar immer wieder Kühe die stärker als sie waren, diese hatten aber Respekt vor ihr, weil sie zum einen schon eine Größe war als sie in die Herde kamen und sich Alma zum anderen nie an den Scharmützeln beteiligt hat in denen sich die Rangordnung immer mal wieder ändert.
Wenn sie gestoßen hat, dann meistens um Unruhestifter in die Schranken zu weisen.
Alma war eins der ersten Rinder die in die Herde kamen als ich anfing auf dem Hof und im Stall zu helfen und war über Jahre eine konstante.
Von den vielen Kälbern die sie hatte waren fast alles Bullen, unter anderem Adam der zeitweise unser Zuchtbulle war.
Ihr letztes Kalb war allerdings weiblich und an ihr ist es nun das Erbe weiter zu tragen.
Alba die weiße.

Nachdem Alba geboren wurde bekam Alma ziemlich bald Mastitis und wurde Amme für zwei Kälber, wofür sie aus der Herde genommen wurde und auf der anderen Seite des Futtertisches mit den beiden in einer Box stand.
Es brach einem fast das Herz wenn man sah wie sehr sie litt nicht mehr mit den anderen zum Melken gehen zu können.

Trotz Arthritis im Alter war sie immer mit von der Partie.
Die schmerzen die sie beim Laufen hatte, waren am Ende

auch der Grund das man sie nicht mehr länger behalten konnte. Ein halbes Jahr lief sie noch Milch zu geben oder trächtig zu sein mit. Mein Vater hat mir eine SMS geschrieben das sie heute abgeholt wurde und das sie nicht hat getrieben werden müssen. Das mag vielleicht alles nicht so ganz nachzuempfinden sein, aber die Kuh war besonders.