Sonntag, 28. Juli 2013

Nächtliche Gedanken

Um zu scheitern muss man es versucht haben - aber um es zu versuchen muss man von der Sache überzeugt sein.
Ich bin 23 Jahre alt und überlege mir gerade ob ich nicht vielleicht im Moment eine falsche Schiene fahre und die Weiche verpasse über die ich mich in einigen Jahren noch beschäftigen wird.

Ich als angehender Biobauer bin auf dem Weg einen weiteren scheiternden Versuch zu unternehmen die Welt zu retten, einiges von dem Komfort des Lebens im 21. Jahrhundert abzuwählen, um in 45 Jahren mit nichts dazustehen.
Obwohl ich schon in den Kontext hereingeboren wurde, bin ich immer noch dabei die Wichtigkeit und Realität der biologischen Landwirtschaft zu begreifen und das Wissen, dass der Rest der Welt, der nicht in dieser Regelmäßigkeit damit konfrontiert wird, nicht die Möglichkeit hat sich eine fundierte eigene Meinung zu bilden, lässt mich die oft gegenwärtige hilflose Frustration und daraus resultierende Unnahbarkeit vieler Menschen in der Szene ein bisschen nachvollziehen.

Ich versuche mich immer davor zu hüten Dinge per se zu verteufeln und zu verurteilen und ich glaube ich fahre damit auch ganz gut.
Ich habe ein paar Bauern der verschiedenen Lager kennen gelernt und gelernt, dass es überall ungefähr die gleiche Quote an Normalen, Ärschen und Engeln gibt.
In der bio-Szene gefühlt einen Tick mehr Ärsche, aber das kann an der oben beschriebenen Frustration liegen.

Mit 23 hat man Angst vor einem Arbeitsleben, das wohl noch mehr als doppelt so lange dauern wird als ich bisher gelebt habe - und ich habe keine Ahnung was da laufen wird.

Die Angst die Weichen jetzt zu stellen, bzw. den schon gestellten Weichen zu folgen und über Jahre mit dem Stress und Kampf der Selbstständigkeit konfrontiert zu sein, in denen Ehen, Freundschaften und Charaktere geprüft und strapaziert werden und nicht selten zerbrechen und Menschen am Ende, oder wahrscheinlicher, irgendwann mittendrin vor einem Scherbenhaufen stehen und nicht weiter wissen, ist beunruhigend.

Die Aussicht, nach einem Leben als Landwirt, für die letzten Jahre mit seiner Frau ins Altenteil zu ziehen würde voraussetzen, dass man einen eigenen Hof hat und seine Kinder den Job weitermachen oder zumindest vor Ort wohnen bleiben - aber das würde wiederum voraussetzen, dass man in einer Gegend verwurzelt ist und das auch vermitteln kann.
Plus, dass man eine Frau fände die mit dem Leben in der Landwirtschaft klar käme.

Der Kampf gegen die Windmühlen, den die Aufklärungsarbeit über die Wichtigkeit der biologischen Landwirtschaft mit sich zieht ist noch lange nicht gefochten und wird auch nicht einfacher.
Ich bin auch nicht dran interessiert mich beim Versuch Menschen immer und immer wieder aufs Auge zu drücken, wie wichtig es sei, nicht umgewandelte Düngepräperate und Futtermittel die aus solchen entstanden und an Tiere verfüttert wurden zu sich zu nehmen aufzureiben.
Ich möchte auch nicht meine ganze Freizeit damit verbringen nach der Zauberformel zu suchen die einem die magischen Wörter in den Mund legt um die Gefahr von krankem, mit Antibiotika bis zur Schlachtreife gepäppeltem Fleisch und Spritzmitteln, mit denen Pflanzen vor der Ernte tot gespritzt werden darzustellen.
Aber das fiele mir auch nicht ein.
Ich möchte auch von keinem vorgeschrieben bekommen was ich denken und woran ich glauben soll.
Wobei ich gut überzeugen kann.
Vielleicht sollte ich zur Gegenseite wechseln und als Lobbyist genug Geld und Urlaub zu bekommen um ein gediegenes Leben und ein gediegenes Alter zu haben.

Mit Abitur und einem ganz guten Kopf hätte ich eigentlich studieren sollen und gucken ob ich nicht irgendwo an größeren Hebeln zu sitzen komme.

Der Reiz sich im Arbeitsleben selbst verwirklichen und etwas bewegen zu können ist ein ziemlich großes Pfand auf Seite der Landwirtschaft.
Und wenn man es richtig angeht und nicht zu hoch hinaus will kann man auch ein ganz gediegenes Leben haben.
Es gibt Betriebsgemeinschaften die funktionieren und auf einem Hof um eine solche zu gründen bin ich aufgewachsen.

Nur wenn man mal durch Zufälle in einem Teilkreis der Familie sitzt, der den nichtakademischen Weg etwas von oben herab beäugt, fragt man sich doch ob man das alles will.

Fragen über Fragen.
Aber den Text habe ich vor ein paar Nächten mal angefangen, da schien die Sonne nicht und alles was kommt etwas dunkler.


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