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Samstag, 21. September 2013

Klein&Fein: Einblick in die Milchkuhfütterung

Ergänzend zu dem kommaüberladenen Post von vorher ist mir die Dimension die der Gedanke auch in Richtung Milch hat aufgegangen.

Wenn man sich die Ration einer konventionell gefütterten Kuh im Vergleich zu einer Demeter-Kuh anschaut, kommt man ins grübeln.
Unsere Milchkuhherde bei mir zuhause ist, nach meinem argumentieren, auch nicht perfekt gefüttert.
Ich habe ja gemeint, dass es sich unspezialisiert am besten und vielfältigsten füttern lässt.
Das stimmt auch.



Ein gewisser Teil des Futters ist Feldfutter, sprich vorher eingesätes Grün- und Mahdfuttergemenge, das aus einer überschaubaren Zahl an Komponenten besteht.
Beispielsweise zwei bis drei Gräser und zwei, drei oder vier Leguminosen wie Rotklee, Weißklee, Wicke, Luzerne oder Inkarnatsklee, Gelbklee..
Zusätzlich gibt es noch Heu und auch selbst abzufressendes Gras von Weiden mit längerer Bestandzeit, das dann Standortabhängig sehr unterschiedlich sein kann.
Es kann die ganze Spannweite von feuchten Fettwiesen mit Sauergras- und Binsenanteil bis zu trockensten Magerwiesen mit Thymian und sonstigen Kräutern haben.
Was ich, bevor ich jetzt gleich über die konventionelle Milchkuhration herziehe, sagen wollte: in der ökologischen Landwirtschaft ist es nicht perfekt, aber doch einigermaßen vielfältig.

Eine konventionelle Milchkuhration wird über das Jahr hindurch möglichst gleichmäßig und energiereich gehalten.
Entsprechend wird zum Teil 365 Tage im Jahr im Stall gefüttert, die Kühe kommen, wenn sie Glück haben, während der Trockenstehzeit (die bisschen mehr als anderthalb Monate vor dem nächsten Abkalben) auf die Weide.
Ansonsten gibt es eine Mischung aus Grassilage, Maissilage, Kraftfutter, Mineralfutter und Stroh.
Diese Mischung wird über das Jahr hindurch möglichst wenig verändert.
Der Weidegang wird auf die milchlose Phase beschränkt, weil die Tiere im Weidegang unmöglich vergleichbare Energiedichten wie im Mischfutter aufnehmen könnten.
Das Silofutter hat, durch die Fermentation die das halbfeuchte Gras durchläuft, schon erste Aufbrechprozesse der Kohlehydratketten hinter sich, wodurch das Herankommen an die Energie weniger Aufwand vom Verdauungsapperat der Kuh bedarf.
Das jung gemähte Gras ist eiweißreich und durch das Silieren "leicht verdaulich".

Was nett klingt, vor allem weil wir Menschen unser Essen ja auch durch kochen so behandeln, dass es leichter verdaulich ist, ist in Wirklichkeit aber ein Verbrechen gegen den Verdauungsapperat der Kuh.
Rinder haben die einzigartige Fähigkeit Proteine zu generieren wo keine existieren.
In einer finnischen Studie hat man irgendwann mal Kühen Futter gefüttert, dem künstlich jegliches Eiweiß entzogen wurde und sie haben trotzdem noch 1500kg Milch mit normalem Proteingehalt gegeben (Das ist jetzt unprofessionell quellenlos, aber wer sich dafür interessiert wird es schon finden und auf Wunsch würde ich mich auch auf die Suche begeben).
Was ich damit meine ist, das eiweißreiche und schon vorher teilweise aufgeschlossene Futter belastet die Organe der Milchkühe.
Das übermäßige Eiweiß belastet die Leber und die Harnstoffwerte in der Milch steigen.

Wer meine "beispielhafte" konventionelle Milchkuhration nochmal durchschaut und sich wundert, dass sie zum Teil aus  Stroh besteht, wundert zurecht.
Das Problem, das bei solch intensiven Rationen festgestellt wurde, war dass die Tiere bei solchem halb-aufgeschlossenen Futter keinen Wiederkäu-Reiz verspüren und ein guter Teil des energiereichen Futters ungenutzt den Verdauungstrakt passiert.
Beim Wiederkäuen wird das Futter wieder und wieder ins Maul der Kuh hochgewürgt und mit Speichel vermengt zerkaut und vermatscht, wodurch an immer neue und immer hartnäckiger verschlossene Kohlehydrate herangekommen wird.
Der Wiederkäureflex wird durch etwas ausgelöst, was in der Landwitschaft umgangssprachlich "pieksen" genannt wird.
Silage ist eine weiche schwere Masse und piekst nicht.
Heu ist sogenanntes Rauhfutter und piekst, es muss häufig wiedergekaut werden damit die Kuh an die in ihm liegenden Reserven kommt. Je grober das Heu ist, desto mehr piekst es.
Mit dem Wissen wird in die wenig zum Wiederkäuen inspirierende Futterration grobes Heu ("Pferdeheu") oder Stroh reingemischt, das an sich wenig Energie mitbringt, aber sehr stark piekst.

So wird der Rauhfutterverwerter Kuh, der aus ausgewaschenen und getrockneten Grashalmen Milch machen kann, dahin geführt, eine intensivste Futtermischung, die der Organismus im Grunde nur zur Hälfte verdaut wieder hinten raus kötteln würde, mit allen von der Evolution ausgefeilten Verdauungsmechanismen anzugehen und eine Milch herzustellen, die eigentlich das ist was vorne rein kommt. Nur in weiß.
Dasselbe in weiß sozusagen.

In der Schweiz, in Österreich und in Süddeutschland ist Heumilch bereits ein Qualitätsbegriff.
Alpenmilch könnte auch einer sein, ist aber ein irreführender - intensives, angesätes Ackerfutter wird als "Alpenmilchgrundstoff" durchgehen gelassen, solange es aus der Alpenregion kommt.

Das feuchte Milieu der regulären Grassilage, mit einem Feuchtigkeitsgehalt von oft 65-70% fördert aber auch die Entwicklung und Verbreitung von Colibakterien und Clostridien, die durch unsaubere Futtergewinnung und eventuell einsilierte Tierleichen in das Futter kommen und zum Teil sowohl den Verdauungsprozess, als auch das Verkäsen (und sogar das Pasteurisieren) überstehen.

Bei der Verkäsung von Rohmilch, bzw. beim Käsen ohne Zusatzstoffe muss deswegen schon bei der Futtergewinnung auf absolute Sauberkeit geachtet werden, ein Grund zum Beispiel, dass in der konventionellen Futtergewinnung für Silage und Heu tiefer gemäht werden kann, als für die ökologische Fütterung.
Im Käseprozess kann der Milch das Enzym Lysozym zugesetzt werden (Lebensmittelzusatzstoff E1105), das verhindert, dass die Bakterien, die über den Schmutz ins Futter gelangten und sich beim Pasteurisieren verkapseln, arbeiten und den Käse zum blähen bringen.
Bei Temperaturen über 14°C dauert das ohne Zusatz von Lysozym, das in der EU ausschließlich in der Reifkäseherstellung zugelassen ist, drei Wochen, bei Joghurt und ähnlichen Produkten kann darauf verzichtet werden, weil sie direkt nach der Herstellung in die Kühlung gehen und dadurch das Milieu zu kalt für die Entwicklung der Bakterien ist.

Das gute an einem eigenen Blog ist, dass ich einfach von Kuchen backen auf Pobacken kommen kann und von einem Angriff auf die intensive und nicht artgemäße Fütterung auf die Probleme die diese für die Weiterverarbeitung mit sich bringt.
Ein Satz aber noch zur generellen Geißelung der konventionellen Rinderhaltung, vielleicht auch als Vorgriff auf einen zukünftigen Post: nicht jeder konventionelle Landwirt hält seine Milchkühe vom Weidegang fern und als jemand der versucht die Leute nicht immer über einen Kamm zu scheren möchte ich auch sagen, dass konventionelle Landwirte nicht unbedingt Unmenschen im Vergleich zu ökologischen sind.
Es kommt immer auf den einzelnen Menschen drauf an und was für ein Verhältnis der zu seinen Tieren hat.